Schlichtung im Personenverkehr trotz Pandemie erfolgreich

07.04.2022

Aufschlussreiche Einblicke in die Praxis der Verbraucherstreitbeilegung liefert der soeben veröffentliche Jahresbericht 2021 der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp). Er zeigt auf, wie es der söp gelungen ist, trotz der pandemiebedingten Schwankungen beim Geschäftsanfall den hohen Ansprüchen an Qualität und Erfolg ihrer Arbeit gerecht zu werden.

Im ersten Corona-Jahr 2020 waren die Eingangszahlen bei der söp um 58 Prozent auf 41.249 emporgeschnellt, im Folgejahr gingen sie um 62 Prozent auf 15.674, den niedrigsten Wert seit vier Jahren, zurück. Diese, die Arbeit der Schlichtungsstelle natürlich stark belastende Volatilität findet ihre Erklärung darin, dass der überraschende Eintritt der pandemischen Lage zunächst eine Vielzahl kurzfristiger Annullierungen der Unternehmen bzw. Stornierungen der Reisenden zur Folge hatte. In der Folgezeit führten die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sowie die allgemeine Zurückhaltung bei  Reisen mit dem öffentlichen Personenverkehr zu einem massiven Rückgang der  Beförderungsvorgänge. Zudem hatten Verkehrs- und Reiseunternehmen ihre Geschäftsprozesse inzwischen auf die durch Corona gesetzten Rahmenbedingungen eingestellt, während Reisen eher kurzfristig und flexibler gebucht  wurden.

Der Jahresbericht zeigt auf, wie diese starken Schwankungen mit agilem Management, konstruktivem Teamgeist sowie optimierten, digital gestützten Prozessen bewältigt wurden. Trotz eines unvermeidlichen Rückstaus konnte im Lauf des Jahres 2021 erreicht werden, dass die Verfahrensdauer im Regelfall wieder deutlich unter drei Monaten lag, und dies obwohl die außergewöhnliche pandemische Lage auch zuvor unbekannte, komplexe juristische Fragen aufwarf und aufwändige Recherchen, z.B. bei Nichtbeförderung aufgrund veränderter Einreisebestimmungen, erforderte. Zum Umgang mit diesen – für die Schlichtungspraxis fundamentalen –  Fragen heißt es im Jahresbericht:

„Die söp stand damit vor der Wahl, tausende Schlichtungsanträge bis zur Klärung dieser neuen Rechtsfragen unbearbeitet zu lassen oder pragmatisch rechtliche Lösungen für den jeweiligen Einzelfall zu erarbeiten, diese den Beteiligten (unverbindlich) vorzuschlagen und ihnen damit im Rahmen ihrer Parteiautonomie eine ‚informierte Entscheidung‘ zu ermöglichen. Die söp entschied sich für den letzteren Weg und kam damit dem Wunsch der Beteiligten nach einer zügigen Streitbeilegung nach, indem sie für alle Seiten transparent die bisherige Rechtslage sowie den aktuellen Diskursstand präzise analysierte und nach argumentativer Erörterung interessengerechte Vorschläge im Einzelfall unterbreitete.“

Der Bericht geht auch auf die emotionalen Aspekte ein, die bei vielen Schlichtungsanträgen mitschwingen, und schildert die guten Erfahrungen, die mit methodischen Anleihen aus der Mediation und entsprechender Fortbildung der Streitmittler/innen gemacht wurden.

Beachtlich ist die Erfolgsbilanz: Auch 2021 gelang es bei mehr als acht von zehn bei der söp eingereichten Schlichtungsanträgen, eine Streitigkeit zur Zufriedenheit beider Seiten einvernehmlich beizulegen. Bei den Google-Bewertungen zur Zufriedenheit vergaben die Reisenden im Schnitt 4,9 von 5 möglichen Punkten.